Plötzlich pflegebedürftig – Was ist zu tun?

Wann habe ich grundsätzlich Anspruch auf Leistungen aus der Pflegeversicherung?

Die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung sind im Sozialgesetzbuch (SGB) XI geregelt.

Um Leistungen der Pflegeversicherung beziehen zu können, sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Es ist erforderlich, dass Sie pflegebedürftig sind und die Vorversicherungszeit erfüllen. Diese ist erfüllt, wenn Sie in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung mindestens zwei Jahre Mitglied in der Pflegekasse oder familienversichert waren.

Antragstellung

Leistungen der Pflegeversicherung werden auf Antrag gewährt.

Der Antrag ist bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person zu stellen. Nutzen Sie dafür am besten unseren digitalen Fragebogen, der Sie bei der Beantragung unterstützt.

Sie möchten einen Antrag für eine angehörige oder dritte Person stellen?

In diesem Fall benötigen wir eine auf Sie ausgestellte Vollmacht. Gern können Sie auch hierfür unseren Vordruck nutzen – unsere Vollmacht finden Sie hier.

Reichen Sie die ausgefüllte Vollmacht dann einfach zusammen mit dem Antrag bei uns ein.

Wie geht’s weiter?

Sobald uns Ihr Antrag vorliegt, leiten wir diesen an den Medizinischen Dienst (MD) weiter. Der MD wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen, um einen Termin für eine Begutachtung zu vereinbaren.

In der Regel wird Ihnen das Ergebnis innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang Ihres Antrags schriftlich mitgeteilt.

Begutachtung Pflegebedürftigkeit

Die Begutachtung findet in der Regel persönlich bei Ihnen in der Häuslichkeit statt. In einigen Fällen kann, sofern Sie damit einverstanden sind, auch eine telefonische Begutachtung durchgeführt werden.

Bei der Begutachtung wird unter anderem die pflegerelevante Vorgeschichte berücksichtigt und es werden die vorliegenden medizinischen Unterlagen gesichtet.

Im Anschluss erfolgt eine Beurteilung anhand der sechs Module (siehe -> „Wann bin ich pflegebedürftig im Sinne des SGB XI).

Vorbereitung auf die Begutachtung

Wir empfehlen, alle relevanten medizinischen Unterlagen am Tage der Begutachtung bereitzulegen, um dem Gutachter zusätzlich zu der eigentlichen Begutachtung einen möglichst umfassenden Eindruck zu ermöglichen.

Gern können Sie sich auch im Vorwege Gedanken machen. Reflektieren Sie Ihren Alltag – Welche Dinge fallen Ihnen besonders schwer? Wo benötigen Sie Unterstützung? Sprechen Sie diese Dinge offen in der Begutachtung an, denn nur dann können diese auch bei der Begutachtung berücksichtigt werden.

Lassen Sie sich bei Bedarf auch gern von einer weiteren Person Ihrer Wahl unterstützen – sowohl im Vorwege als auch während der Begutachtung.

Die Begutachtung ist erfolgt – Wie geht es nun weiter?

Der Medizinische Dienst stellt uns zeitnah nach erfolgter Begutachtung ein Pflegegutachten zur Verfügung. Das Ergebnis teilen wir Ihnen zusammen mit dem Pflegegutachten im Anschluss schriftlich mit.

Sofern eine Pflegebedürftigkeit bei Ihnen festgestellt wurde, informieren wir Sie über die Leistungsansprüche je nach ermitteltem Pflegegrad.

Wann bin ich pflegebedürftig im Sinne des SGB XI?

Der zentrale Begriff in der aktuellen Begutachtungssystematik ist die Selbstständigkeit.

Pflegebedürftig sind Personen, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen nicht selbstständig kompensieren können und deshalb auf die Unterstützung Dritter angewiesen sind.

Die Beeinträchtigung muss zudem auf Dauer, also mindestens sechs Monate vorliegen.

Zur Beurteilung der Pflegebedürftigkeit wird unter anderem die pflegerelevante Vorgeschichte sowie mögliche Beeinträchtigungen in pflegerelevanten Modulen betrachtet.

Was sind die pflegerelevanten Module?

Diese sogenannten Module erstrecken sich auf die folgenden Bereiche und sind einheitlich in den Begutachtungsrichtlinien definiert:

  • Modul 1:   Mobilität

                        (zum Beispiel: Positionswechsel im Bett, Treppensteigen)

  • Modul 2:   Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

                        (zum Beispiel: örtliche und zeitliche Orientierung)

  • Modul 3:   Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

                        (zum Beispiel: Aggressionen, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage)

  • Modul 4:   Selbstversorgung

                        (zum Beispiel: Körperpflege, An-und Auskleiden, Essen, Trinken)

  • Modul 5:   Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen

                        (zum Beispiel: Medikation, Verbandswechsel, Wundversorgung)

  • Modul 6:   Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

(zum Beispiel: Tagesablauf strukturieren, Ruhen und Schlafen, Interaktion mit anderen Personen)

Die jeweils betrachteten Einzelkriterien aus dem entsprechenden Modul werden je nach Umfang der vorliegenden Einschränkung der Selbstständigkeit gewichtet. Die ermittelten gewichteten Gesamtpunkte werden dann für den Grad der Pflegebedürftigkeit herangezogen.

Welche Pflegegrade gibt es?

Es werden insgesamt fünf Pflegegrade unterschieden:

  • Pflegegrad 1:      12,5 bis unter 27 Punkte
    geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

  • Pflegegrad 2:      27 bis unter 47,5 Punkte
    erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

  • Pflegegrad 3:      47,5 bis unter 70 Punkte
    schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

  • Pflegegrad 4:      70 bis unter 90 Punkte
    schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten

  • Pflegegrad 5:      90 bis 100 Punkte
    schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Weiterführende Informationen rund um das Thema Pflegebedürftigkeit und Pflegebegutachtung, insbesondere auch zu den betrachteten Einzelkriterien erhalten Sie auch auf der Seite des Medizinischen Dienstes unter:                                            https://md-bund.de/themen/pflegebeduerftigkeit-und-pflegebegutachtung.html

Rechtsgrundlagen

§ 14 Sozialgesetzbuch XI

§ 15 Sozialgesetzbuch XI

§ 17 Sozialgesetzbuch XI

§ 18 Sozialgesetzbuch XI

§ 33 Sozialgesetzbuch XI